Konzeption für die Freizeiten im Waldheim Spatzennest

 

Tübingen, 16.02.2000

 

Konzeption für das Evang. Waldheim Spatzennest Tübingen

 

1. Rahmenbedingungen
1.1 Träger
1.1.1 Waldheim-AG
1.2 Gesetzliche Grundlagen
1.3 Räumlichkeiten und Umfeld
1.4 Finanzen
2. Zielgruppe
3. Inhaltliche Konzeption
3.1 Handlungsziele
3.2 Angebotspalette
3.3 Programmstruktur - Zielgruppenspezifische Angebote
3.4 Gemeinwesenorientierung
4. Organisatorische Voraussetzungen
4.1 Betriebszeiten
4.2 Mitarbeiterlnnen und ihre Aufgaben
4.2.1 Hauptamtliche
4.2.2 Ehrenamtliche
4.2.3 Kooperationsprinzipien
4.3 Entscheidungsstrukturen

 

1. Rahmenbedingungen
Seit 1959 werden im Ev. Waldheim Spatzennest in Tübingen Ferienfreizeiten für Kinder in den Sommerferien durchgeführt. In zwei dreiwöchigen Abschnitten können je bis zu 300 Kinder aufgenommen werden, die ganztägig von ca. 60 ehrenamtlichen MitarbeiterInnen betreut werden.

 

1.1 Träger

Das Waldheim Spatzennest wird von der Evang. Gesamtkirchengemeinde Tübingen ais diakonische Einrichtung für die Ferienbetreuung von Kindern betrieben.

1.1.1 Waldheim-AG
Das Ev. Waldheim ist Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Waldheime in Württemberg. die wiederum Mitglied im Diakonischen Werk der Evang Landeskirche in Württemberg ist.

1.2 Gesetzliche Grundlagen
Die Arbeit im Waldheim geschieht gemäß des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG). Kinder- und Jugenderholung gehört zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit §11 Abs. 3 Ziff. 5 (KJHG). Die Erziehungs- und Aufsichtspflicht wird von den Eltern dem Träger delegiert, und von Waldheimleiterln und GruppenleiterIn wahrgenommen, (s. auch Haftung § 832 BGB).

1.3 Räumlichkeiten und Umfeld
Das Waldheim befindet sich bei Pfrondorf (Stadtteil von Tübingen) am Rand des Ausflugsgebietes Schönbuch. Zum Waldheim gehören ein Hauptgebäude, bestehend aus großer Halle, Großküche, Büro, Sanitärraumen, Gruppenräumen, der Werkstatt, Bibliothek und Erste-Hilfe-Zimmer Für jede Gruppe steht außerdem eine Holzhütte im Wald zur Verfügung. Die Wiese vor dem Haupthaus sowie der angrenzende Wald sind die beliebten Spiel- und Aufenthaltsorte der Kinder. Die Waldhütten bieten außerdem Übernachtungsmöglichkeiten für die MitarbeiterInnen. Die Zentrale des Spatzennestes befindet sich außerhalb der Freizeiten im Evang. Gemeindehaus Lamm (= Waldheimburo - Am Markt 7 - 72070 Tübingen). Während der Freizeiten wird sie ins Spatzennestgebäude (Im Hägnach - 72074 Tübingen) verlagert.

1.4 Finanzen
Die Freizeiten im Waldheim werden finanziert durch Elternbeiträge, Zuschüsse der Stadt, sowie kirchliche Mittel.

2. Zielgruppe
Das Spatzennest steht allen Tübinger Kindern im Alter von 5-15 Jahren offen. Kinder aus dem Landkreis werden nachrangig berücksichtigt. Die Integration von Kindern mit Behinderung in die Freizeitgruppen ist dabei ein wichtiges Anliegen.

3. Inhaltliche Konzeption
Die Kinder sind zusammengefaßt in Gruppen von etwa 15 Kindern, die je von zwei bis drei Gruppenleiterlnnen betreut werden. Vier bis fünf Gruppen der gleichen Altersstufe bilden zusammen ein "Team".

3.1 Handlungsziele
Das Spatzennest soll den Kindern Freiräume zur Entdeckung und Entfaltung ihrer Persönlichkeit bieten. Dabei soll Eigeninitiative gefördert werden. In der Gruppe können die Kinder soziale Fähigkeiten einüben. Gleichzeitig wird jedes Kind als Individuum mit den ihm eigenen Stärken und Grenzen ernstgenommen. Das Spatzennest möchte Erfahrungen ermöglichen, die nicht am Leistungsprinzip orientiert sind. Statt dessen steht die Orientierung am Erlebnis, der Situation und an den psychosozialen und religiösen Bedürfnissen des Kindes im Mittelpunkt. Dabei ist der verantwortliche Umgang mit der Natur ein wesentliches Handlungsziel.

3.2 Angebotspalette
Die Angebote im Waldheim sind vielfältig: der Wald als Lebensraum bietet unzählige Möglichkeiten der Naturerfahrung. Im Werkbereich und an den Hütten können die Kinder bauen, malen, kreativ sein. Die Wiese bietet Platz für sportliche Aktivitäten. In der Bibliothek und der gruppeneigenen Hütte gibt es Möglichkeiten zum Rückzug. In jeder Freizeit werden thematische Schwerpunkte mit unterschiedlichen Methoden gemeinsam mit den Kindern erlebt. Die Gruppenleiterinnen sind da für Gespräche, Probleme und geben Hilfestellung zur selbständigen Gestaltung einer erlebnisreichen Ferienzeit. Sie sind wichtige Beziehungspartnerinnen, die Halt und Reibungsfläche bieten.

3.3 Programmstruktur - Zielgruppenspezifische Angebote
Entsprechend dem Alter der Kinder entwickeln die Gruppenleiterinnen ein Programm, das sowohl Gruppenaktivitäten als auch Freiräume zur eigenen Freizeitgestaltung bietet. Insbesondere die älteren Kinder werden zur Mitbestimmung und Entwicklung eigener Ideen angeregt. Neben Angeboten in der Kleingruppe werden auch Aktionen im Team (gruppenübergreifend) und mit der gesamten Freizeit durchgeführt.

3.4 Gemeinwesenorientierung / Elternkontakte
Jedes Jahr werden Elternvertreterinnen aus dem Kreis der Eltern in den Waldheim-Ausschuss gewählt. Weitere Kontaktmöglichkeiten zwischen Waldheim-Mitarbeiterlnnen und Eltern sind durch einen Informationsabend vor den Freizeiten sowie den Elternsprechabend und das Eltern-Kind-Fest während jeder Freizeit gewährleistet. Eine gute und für die Arbeit hilfreiche Zusammenarbeit mit Organisationen und Institutionen insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit in Tübingen und Landkreis wird angestrebt.

4. Organisatorische Voraussetzungen
4.1 Betriebszeiten
Das Waldheim bietet Ferienfreizeiten in den Schulferien an. Die Kinder sind von Montag - Freitag jeweils von 9.00 -18.00 Uhr im Spatzennest. Am Samstag dauert der Spatzennest-Tag von 9.00 - 15.00 Uhr. Die Freizeiten erstrecken sich auf bis zu 16 Tage.

4.2 MitarbeiterInnen und ihre Aufgaben
4.2.1 Hauptamtliche
Das Waldheim wird von einer/m hauptamtlichen MitarbeiterIn geleitet. Er/Sie ist verantwortlich für alle Belange des Waldheims: Gewinnung, Schulung und Begleitung von MitarbeiterInnen, Zusammenstellung der Teamleitung und des Küchenteams, Planung, Organisation und Durchführung der Freizeiten zusammen mit der Teamleitung, Entwickeln von Konzepten für die Waldheimarbeit. Eine Sekretärin im Waldheimbüro übernimmt die anstehenden Verwaltungsaufgaben. Sie ist unter anderem zuständig für Anmeldung der Kinder, Adressenverwaltung, Postverkehr. Außerdem ist sie eine wichtige erste Anlaufstation für alle Anfragen in Bezug auf das Spatzennest.

4.2.2 Ehrenamtliche
Ehrenamtlich mitarbeiten können Männer und Frauen ab 18 Jahren, die sich mit dem Anmeldebogen bewerben und sich bereit erklären, an der Vorbereitung / Schulung teilzunehmen. Sie erhalten eine Aufwandsentschädigung sowie freie Verpflegung und Unterkunft. Die Freizeiten werden vorbereitet, organisiert und geleitet von einem Team, bestehend aus vier bis fünf erfahrenen MitarbeiterInnen und der hauptamtlichen Waldheimleitung (= Teamleitung).
Die Teamerlnnen sind frühere GruppenleiterInnen mit der Erfahrung von einigen miterlebten Freizeiten. Die / der Teamerln ist zuständig für eine Altersgruppe von Kindern und deren Gruppenleiterlnnen und / oder übernimmt organisatorische Aufgaben im Büro. Sonstige Aufgaben: Konzipieren der Vorbereitung der Gruppenleiterlnnen, Begleitung der Gruppenleiterlnnen wahrend der Freizeit, Planung, Organisation und Durchführung der Freizeiten. Materialbeschaffung, Kontaktarbeit, Teamabsprachen und Mitarbeit in der Winterarbeit.
Die GruppenleiterInnen betreuen die Kinder von ihrer Ankunft auf dem Gelände des Spatzennestes bis zum Einstieg in den Sonderbus. Hauptaufgaben dabei sind die Sorge um das leibliche Wohl der Kinder, die Programmgestaltung mit Vor- und Nachbereitung eines Tages, Durchführung von Aktionen und Angeboten. Die GruppenleiterInnen sind während der gesamten Freizeit für die Kinder ihrer Gruppe verantwortlich. Desweiteren gehört die Vorbereitung von Festen und Übernahme von sonstigen Aufgaben zum Tagesablauf einer/s Gruppenleiterln.
Zum Waldheim gehören eine Werkstatt und ein Materiallager, die wahrend der Freizeiten von drei bis vier WerkleiterInnen betreut werden. Ihre Hauptaufgaben sind die Beratung und Anleitung von Gruppenleiterlnnen und Kindern, die Ausgabe, Rücknahme und Instandhaltung von Werkzeug und Werkmaterial sowie die Konzipierung und Durchführung regelmäßiger Werk- und Bastelangebote für Kinder.
Für das leibliche Wohl sorgt ein ca. achtköpfiges Küchenteam unter der Leitung einer erfahrenen Köchin. Sie erstellt zusammen mit der Waldheimleitung einen Essensplan für die Freizeit. Es steht eine Großküche zur Verfügung, in der die gesamte Verpflegung der Kinder und Mitarbeiterinnen während des Waldheimtages zubereitet wird. In der Küche ist die Mitarbeit ab 16 Jahren möglich. Die Mitarbeiterinnen erhalten einen Wochenlohn, der an die Vorgaben der Waldheim-AG angelehnt ist.

4.2.3 Kooperationsprinzipien
Gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Teamleitung und GruppenleiterInnen ist ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit. Probleme und Konflikte sollen in einem gemeinsamen Prozess bearbeitet und gelöst werden.

4.3 Entscheidungsstrukturen
4.3.1. Waldheim-Ausschuss
Die Waldheimarbeit wird von einem beschließenden Ausschuß der Gesamtkirchengemeinde begleitet und mitgetragen. Der Ausschuss besteht gemäß der Ortssatzung aus sechs Mitgliedern aus Tübinger Kirchengemeinderäten, zwei während der Freizeit gewählten Waldheim-Mitarbeiterinnen, der Dekanin / dem Dekan und dem/ der KirchenpflegerIn. Dazu kommen mit beratender Stimme der / die WaldheimrechnerIn, ElternvertreterInnen, Teamleiterlnnen, eine Vertretung des Diakonischen Werkes und die Waldheimleitung. In diesem Gremium werden unter anderem konzeptionelle Fragen, Strukturveränderungen, Personalfragen, Bauliches und Finanzen beraten und beschlossen.

4.3.2 Winterarbeit
In regelmäßigen Treffen außerhalb der Freizeiten arbeiten die Waldheim-Mitarbeiterlnnen an inhaltlichen und praktischen Fragen, die das Waldheim betreffen und die für die Gestaltung der Freizeiten maßgeblich werden. Es werden Arbeitsgruppen gebildet, die sich mit den verschiedenen Themen befassen. Ihre Ergebnisse werden im Plenum der Winterarbeit beraten und beschlossen. Die Winterarbeit leistet damit auch die Vorarbeit für Beratungen im Waldheimausschuss.


Anhang:
Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), Auszüge:
§ 11 Jugendarbeit
(1) Jungen Menschen sind die zur Förderung ihrer Entwicklung erforderlichen Angebote der Jugendarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie sollen an den Interessen junger Menschen anknüpfen und von ihnen mitbestimmt und mitgestaltet werden, sie zur Selbstbestimmung befähigen und zu gesellschaftlicher Mitverantwortung und zu sozialem Engagement anregen und hinführen.
(2) Jugendarbeit wird angeboten von Verbänden, Gruppen und Initiativen der Jugend, von anderen Trägern der Jugendarbeit und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe. Sie umfasst für Mitglieder bestimmte Angebote, die offene Jugendarbeit und gemeinwesenorientierte Angebote.
(3) Zu den Schwerpunkten der Jugendarbeit gehören: 1. außerschulische Jugendbildung mit allgemeiner, politischer, sozialer, gesundheitlicher, kultureller, naturkundlicher und technischer Bildung, 2. Jugendarbeit in Sport, Spiel und Geselligkeit, 3. arbeits-, schul-, und familienbezogene Jugendarbeit, 4. internationale Jugendarbeit, 5. Kinder- und Jugenderholung, 6. Jugendberatung.
(4) Angebote der Jugendarbeit können auch Personen, die das 27. Lebensjahr vollendet haben, in angemessenem Umfang einbeziehen.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Auszüge:
§ 832 Haftung der Aufsichtspflichtigen
(1) Wer Kraft Gesetzes zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den diese Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger Aufsichtsführung entstanden sein würde.
(2) Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Erfüllung der Aufsicht durch Vertrag übernimmt.

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